Ende Oktober geht’s los – dann nehmen die Bäcker von Joast die neue Produktionshalle in Betrieb. Das bedeutet jedoch kein Mehr an Backwaren, wie man vermuten könnte. Es ist vor allem ein Mehr an Qualität. Und an Nachhaltigkeit. Ein Thema, das der Lienzer Familienbetrieb nach allen Möglichkeiten umsetzt.

Das Plus von 400 Quadratmetern an Produktionsfläche ist gleich ein Plus an Wert – in Sachen Geschmack und Arbeitszeiten. Denn: In der Backstube von Joast wird zunehmend tagsüber produziert. Die Teiglinge warten dann bei +4 Grad, dass zwei Bäcker sie am nächsten Morgen in den Ofen schieben – bis sie eben diesen joast’schen saftig-krossigen Geschmack haben. Warum sich die verlängerte Produktionszeit positiv auswirkt, erklärt Ernst Joast.


Backen ohne Eile

„Wenn ich mit Tempo backen will, muss ich dementsprechend viel Hefe dazugeben, damit der Teig schnell aufgeht“, sagt er. „Und ich brauche Backmittel, damit das Wasser sich mit dem Mehl richtig verbindet und das Produkt überhaupt genießbar ist. Wenn wir aber vorproduzieren, haben die Teiglinge in der richtigen Temperatur die Möglichkeit, langsam aufzugehen – ohne überflüssige Triebmittel.“


Dass er mit der neuen Halle „keine grüne Wiese zubetoniert“, sondern die verwaiste Fläche gegenüber seiner bestehenden Produktionsstätte nutzt, gehört für Ernst Joast ebenfalls zum Thema Nachhaltigkeit. Gekühlt wird übrigens mithilfe von Wärmerückgewinnung. Für die optimalen Lichtverhältnisse sorgen energiesparende LED-Lampen und den Nutzen für eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach lässt er derzeit berechnen.

Rohstoffe aus dem Großraum Lienz

Was ihm weiter zum Thema Nachhaltigkeit einfällt? Er überlegt nicht lange und es fallen die Stichworte Rohstoffe, Mitarbeiterführung und EDV-Innovation. Der Begriff „regional“ sei so verbraucht, sagt der Bäckermeister. Aber er lege Wert darauf, dass seine Rohstoffe für das Bio-Sortiment aus dem Großraum Lienz stammen; der Dinkel, der Roggen, die Eier, selbst die Wurst. „Die konventionellen Zutaten beziehen wir aus ganz Österreich“, sagt er. Das Mehl kommt aus dem Burgenland und aus Salzburg, das Backmalz aus Wien, er nehme Ottakringer Hefe und nehme die Süße heimischer Zuckerrüben. Die Chia-Samen aus Peru würden wieder durch Leinsamen ersetzt. „Das ist regionales Superfood“, lacht er.

Kaum Reste dank EDV-gesteuerter Bestellungen

Damit seine Backwaren am Ende des Tages nicht im Müllcontainer landen, hat Joast seine EDV optimiert. Ein Bestellprogramm – vernetzt mit seinen Filialen in Lienz, Nussdorf-Debant, Virgen und Matrei – hilft, Prozesse und Verkaufsmengen einzuschätzen und damit eine Überproduktion zu vermeiden. Was ab 17.30 Uhr noch in den Regalen liegt, geht häufig über die Handy-App „Too Good To Go“ weg. „Es ist eine Win-win-Situation“, freut sich Joast. „Ich bekomme nicht wirklich viel dafür, aber wir werfen nichts weg und ein anderer bekommt Backwaren für 2,99 Euro im Gegenwert von rund zehn Euro.“ Was dann doch noch übrigbleibt, wird zu Knödelbrot oder Semmelbrösel verarbeitet. Gekochtes Schwarzbrot dient noch als Aromastück, Hühner- und Schweinehalter nehmen sich den Rest.

„Eine richtige Mitarbeiterführung gehört auch zur Nachhaltigkeit“

Und weil es seine Mitarbeiter sind, die das alles umsetzen, bezieht Joast sie in viele Entscheidungen mit ein. Jeder darf kreativ sein, neue Produkte entwickeln, alle 80 Kollegen werden zu Gesprächen eingeladen. Für eine bessere Kommunikation hat er die „Zettelwirtschaft“ gegen eine zeitgemäße, digitale Kommunikation getauscht. Zwei der Lieferautos fahren bereits mit Batterie.


Und da fällt ihm noch ein letzter Punkt ein in Sachen Nachhaltigkeit, nämlich die Nachfolge. „Ich hab‘ zwar noch Spaß, aber ich möchte schon was anderes auch noch machen“, sagt der 60-Jährige und erzählt, dass Tochter Agnes jetzt in die GmbH einsteigt und Sohn Erik nach der HTL für Lebensmitteltechnik und als Bäcker- und Konditormeister auch schon in der Backstube steht.

„Es gehört für mich dazu, dass man einen Betrieb der nächsten Generation fair und richtig weitergibt“, resümiert er.

Lernen vom Meister

Wer sich dafür interessiert, wie Ernst Joast backt, welche Zutaten er verwendet und warum sein Dinkelbrot so herrlich saftig ist, der meldet sich zu einem seiner Backkurse an, wenn sie wieder stattfinden. Bis zu zehn Teilnehmer lernen an einem Abend jede Menge über Sauerteig und Sensorik, Bäckertraditionen und Zutaten. Klar, dass dieser Abend mit einer gemütlichen Jause endet. Mit Brot, einem Glas Wein und wertvollem Wissen, dass man weitergeben kann. Ganz nachhaltig.

Weitere Informationen:
www.joast.at


©Monika Hoeksema


Autorin:
Monika Hoeksema

Teilen: